Protestbewegungen erfassen ganz Dresden
Vor und während der Vorfälle im Sachsenwerk hatten sich überall in der Stadt weitere Betriebe dem Streik angeschlossen. Aus verschiedenen Richtungen strömten Demonstrationszüge in die Innenstadt Dresdens. Darunter waren auch jene Arbeiter des Sachsenwerks und von ABUS, die schon vor der Buchwitz-Rede losgezogen waren, um andere Betriebe zu mobilisieren. Allein den Arbeitern aus Niedersedlitz schlossen sich mindestens zehn weitere größere Unternehmen an. In Sprechchören und auf Schildern forderten die insgesamt etwa 60.000 Demonstranten an verschiedenen Stellen der Stadt den Rücktritt der Regierung, Generalstreik und die Einheit Deutschlands. Vereinzelt gaben KVP-Angehörige und sowjetische Soldaten Warnschüsse ab, mehrere Jugendliche warfen Steine gegen sowjetische Panzer. Gegen 16:00 Uhr sperrten KVP und Rote Armee sämtliche Zufahrtsstraßen zum Postplatz hermetisch ab. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in dem Kessel auf dem Postplatz etwa 20.000 Personen.
Die Atmosphäre in Dresden blieb weitgehend friedlich. Zwar kam es an mehreren Stellen der Stadt zu Entwaffnungen von KVP-Angehörigen, auch zu leichteren tätlichen Angriffen, aber insgesamt blieben dies Randerscheinungen. Die wichtigsten öffentlichen Gebäude standen unter dem Schutz von sowjetischem Militär und KVP, sodass es zu keiner Erstürmung kam. Die sowjetischen Einheiten gingen relativ behutsam vor, die Panzer fuhren zumeist im Schritttempo. Einzelne Zeitzeugenberichte, denen zufolge Panzer in die Massen gerast seien, lassen sich mit schriftlich überlieferten Quellen nicht bestätigen. Sämtliche Ansammlungen waren schließlich bis 21:00 Uhr aufgelöst worden. In der Stadt herrschte wieder Ruhe. Das Militär hielt alle neuralgischen Punkte besetzt.
Am nächsten Tag wollten die Arbeiter zahlreicher Betriebe den Streik fortsetzen, als bekannt wurde, dass die Anführer der Arbeitsniederlegungen des Vortages verhaftet worden waren. Sowjetische Soldaten und Angehörige der KVP begannen jedoch damit, den SAG-Betrieb Sachsenwerk und andere Betriebe zu besetzen. Mit dieser Unterstützung gelang es den Betriebsleitungen und SED-Funktionären, allmählich die Kontrolle zurückzugewinnen. Vereinzelte Arbeitsniederlegungen beendeten sie mit der Androhung von Erschießungen. Unter diesem Druck brach die Protestbewegung schließlich zusammen.
Wilhelm Grothaus wurde in der Nacht vom 17. Juni zum 18. Juni 1953 in seiner Wohnung verhaftet. Am 5. August 1953 verurteilte ihn das Bezirksgericht zu 15 Jahren Zuchthaus – in eben jenem Saal, wo er 1944 als Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime schon einmal verurteilt worden war. 1960 kam Wilhelm Grothaus frei und flüchtete in den Westen.