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Aktendeckel zu einer IM-Vorgangsakte
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Debatte um IM-Zahlen

Ausgehend von der Debatte um die Größenordnung der zuletzt für das <strong>MfS</strong> tätigen inoffiziellen Mitarbeiter (<strong>IM</strong>) hat die Forschungsabteilung des <strong>BStU</strong> zwei empirische Erhebungen vorgenommen. Auf dieser Grundlage kommt sie zu der ersten Einschätzung, dass es nicht angemessen wäre, ganze Vorgangskategorien bei der Berechnung der Gesamtzahl der inoffiziellen Mitarbeiter unberücksichtigt zu lassen.

Dabei geht es spezifisch um die Kategorien der Inoffiziellen Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration (IMK) und der Gesellschaftlichen Mitarbeiter Sicherheit (GMS). Allerdings sollten angesichts der begrenzten Aussagekraft der überlieferten operativen Statistiken der Stasi scheinexakte Angaben vermieden und besser von einer Größenordnung von zuletzt rund 180.000 inoffiziellen Mitarbeitern gesprochen werden.

Zum Hintergrund

Das Buch "Stasi Konkret" von Ilko-Sascha Kowalczuk hatte Anfang 2013 eine Diskussion darüber losgetreten, ob die verwendeten Zahlen zu den IM in der bisherigen Höhe Bestand haben. Die dem Minister für Staatssicherheit Erich Mielke zuletzt vorgelegte operative Statistik im Februar des Jahres 1989 (mit Stand zum 31.12.1988) ließ nämlich die IMK und GMS unberücksichtigt. Kowalczuk stellte angesichts bestimmter Unschärfen in der Aktenführung die Frage, ob die Zahlen der letzten MfS-Statistik nicht eine bessere Referenzgröße darstellen. Der BStU benennt eine Gesamtzahl, die auf einer Addition der IM aller Kategorien, einschließlich der IMK und GMS, beruht.

Als Argument für ein solches Herangehen führte Kowalczuk an, dass es sich bei den IMK-Vorgängen häufig nicht um Akten zu (zusätzlichen) inoffiziellen Mitarbeitern handelte. Oftmals seien dies Vorgänge zu konspirativen Wohnungen und Objekten gewesen, die vom hauptamtlichen Apparat unter Legende direkt genutzt wurden. Andere waren von IM angemietet, die bereits unter einer anderen Vorgangskategorie registriert waren.

Die Einbeziehung von IMK-Vorgängen hätte somit die IM-Statistik mit Doppelungen und Vorgängen, in denen gar keine IM involviert waren, aufgebläht. Bei den GMS machte der Autor geltend, dass diese oftmals "wie normale Funktionäre" mit dem MfS zusammengearbeitet. Ihre Verbindung zur Stasi hätte sich somit nicht grundsätzlich von offiziellen Kontakten unterschieden.

Die aktuelle Auswertung der Forschungsabteilung einer größeren Auswahl von IMK-Vorgängen und der GMS-Akten einer Kreisdienststelle ergab jedoch keine ausreichenden Argumente für eine generelle Nichtberücksichtigung dieser Vorgangskategorien in der IM-Gesamtstatistik.

Es war tatsächlich bis 1983 Praxis des MfS, routinemäßig konspirative Wohnungen und Objekte als IMK-Vorgänge zu registrieren, ohne dass inoffizielle Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration im Spiel waren. Dies bestätigte sich bei der Auswertung der Erhebung für die Zeit bis 1983. Im April jenes Jahres erfolgte im MfS eine Änderung der Kategorien und Registraturvorgaben, die bis Ende 1984 zu einer Beseitigung dieser irreführenden Registraturpraxis führte. Man kann davon ausgehen, dass diese Ungereimtheit für die Statistik des Jahres 1989, die für die Größenordnung der IM zum Ende der DDR relevant ist, keine Rolle mehr spielt.

Die kleine, 144 Datensätze umfassende Probeerhebung zu den GMS der Kreisdienststelle Nordhausen bestätigte einerseits die Vermutung, dass es sich hier teilweise um Vorgänge im Grenzbereich zu offiziellen Kontakten handelte. Allerdings enthielten andere Akten auch eine Berichterstattung mit eindeutig inoffiziellem Charakter. Besonders schwierig ist es an dieser Stelle, Definitionskriterien für den offiziellen Rahmen einer Berichterstattung zu finden. Weil die Kontakte sowohl vom jeweiligen Dienstbereich als auch von der jeweiligen Dienststellung abhängig waren, erwiesen sie sich als so komplex, dass sie sich einer statistischen Auswertung entziehen. Exemplarische, qualitative Studien versprechen hier einen größeren Erkenntnisgewinn.

Eines der größten Defizite der IM-Statistik des MfS dürfte darin liegen, dass in Quantitäten IM-Registrierungen mitgezählt wurden, hinter denen sich in dem betreffenden Zeitraum keine reale Aktivität verbarg. Diese Schwäche gilt für den gesamten Zeitraum der MfS-Statistik-Erhebung. All dies spricht dafür, die überlieferten Daten der MfS-Statistik in ihrer Aussagekraft nicht überzubewerten und sich verstärkt darauf zu konzentrieren, das Wirken der IM qualitativ zu untersuchen.

Weiterführende Informationen

Bericht über die Erhebungen zur Problematik der IMK und GMS in der IM-Statistik (PDF, 62 KB, Datei ist nicht barrierefrei ⁄ barrierearm)

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